„Auch wenn ihr euch letztlich dagegen entscheidet: Ich würde immer empfehlen, sich juristisch über die Möglichkeiten und Prozesse aufklären zu lassen.”

1.

Twitter-Nutzerin NixSuruek hat in einem Twitter-Thread darüber gesprochen, welche Erfahrungen sie gemacht hat, nachdem sie sexuelle Belästigung zur Anzeige brachte.

CN: Sexuelle Belästigung

Ich schreibe mal einen Thread über meine Erfahrungen mit rechtlichen Schritten bei sexueller Belästigung. Hoffe niemand von euch erlebt ähnliches, aber vielleicht hilft mein Bericht eine*r von euch 🧡
Am Anfang Bericht, am Ende konkrete Ratschläge.

In ihrem Bericht geht sie zunächst darauf ein, womit sie konfrontiert wurde, nachdem sie bei der Polizei Anzeige erstattet hatte.

„Ich wurde von einem Mann sexuell belästigt”, schreibt die Nutzerin, die im Gespräch mit BuzzFeed um Anonymität gebeten hat. Zunächst habe sie sich an die Beratungsstelle der Institution gewendet, in der es zu dem Übergriff kam. Nachdem der Belästiger mit den Vorwürfen konfrontiert wurde, habe er eine Unterlassungserklärung von ihr gefordert, damit sie nicht mehr über den Vorfall sprechen könne.

„Ich habe das nicht unterschrieben, weil diese Dinge genau so geschehen sind“, so @NixSuruek. Eine Anwältin habe ihr zu rechtlichen Schritten geraten. Somit standen die Anzeige wegen sexueller Belästigung gegen ihn und eine Unterlassungsklage gegen die Twitter-Nutzerin im Raum.

Die Anzeige wurde eingestellt, da es Aussage gegen Aussage stand. Die Klage beschreibt sie als furchtbar, denn die Beweislast habe bei ihr gelegen. Seine zwei Anwälte hätten ihre Glaubwürdigkeit diskrediert, während ihre Anwältin sie vor Gericht als eingeschüchtert und verunsichert hätte darstellen wollen. Die Nutzerin verlor die Klage.

Im Anschluss daran gibt die Nutzerin anderen Betroffenen acht Ratschläge, die ihre eigenen Erfahrungen sie gelehrt haben.

2.

Es ist okay, keine rechtlichen Schritte einzuleiten.

Jetzt mal konkrete Empfehlungen
1. Rechtliche Schritte kosten Kraft. Ich würde es wieder tun aber es ist absolut ok, wenn du diesen Weg nicht gehen willst. Die Belästigung ist genauso illegitim auch wenn du nicht rechtlich dagegen vorgehst. Tu was sich für DICH richtig anfühlt.

„Auch wenn ihr euch letztlich dagegen entscheidet, würde ich immer empfehlen, sich juristisch über die Möglichkeiten zu informieren“, so die Nutzerin gegenüber BuzzFeed. Das habe sie damals aus Unwissenheit nicht getan. „Ich würde mir umgehend nach den Übergriffen eine rechtliche Erstberatung suchen und darüber sprechen, wie genau die Ereignisse strafrechtlich verfolgbar sind und wie der Prozess abläuft.”

Es sei wichtig darauf zu achten, dass interne Beschwerdestellen Situationen im Sinne der Institution oder des Unternehmens lösen wollen, sagt sie. Ihrer Meinung nach arbeiten vor allem externe Beratungsstellen im Sinne der Betroffenen.

3.

Es kann zu einer sehr unangenehmen Befragung vor Gericht kommen.

2. Anzeige erstatten bedeutet es fremden Menschen erzählen zu müssen und, wenn es nicht eingestellt wird, eine sehr unangenehme Befragung vor Gericht. Es läuft aber ohne viel weiteren Einsatz deinerseits.

4.

Du musst mit ungeahnten Folgen rechnen.

3. Sexuelle Belästigung zu problematisieren oder überhaupt anzusprechen kann ungeahnte Folgen haben. Siehe bei mir, bei @sigi_maurer und vielen anderen. Überlege was DU willst, kannst & welche Wege es dafür gibt. Rechtliche Wege sind wichtig aber oft retraumatisierend & erfolglos

5.

Suche dir den passenden Rechtsbeistand.

4. Suche dir ein*e Anwält*in für den Bereich, in den dein Verfahren fällt. Strafrechtsanwält*in für Strafrecht. Zivilrechtsanwält*in für Zivilrecht. Und eine Person die konkrete Erfahrungen damit hat.
Ich kann nicht betonen wie wichtig das ist!.

6.

Genauer: Such dir jemanden, der sich der Komplexität bewusst ist.

5. Suche dir ein*e feministische Anwält*in, die die Komplexität des Geschehenen versteht. Auch wenn sie aus einer anderen Stadt ist. Im Zweifel ist es am Wichtigsten, dass sie das Geschehene für dich richtig einordnet. Anreise geht immer.

7.

Vertrau deinem Gefühl!

6. Wenn du dich bei deine*r Anwält*in nicht gut verstanden, behandelt oder beraten fühlst, vertraue diesem Gefühl! Auch wenn es dir gerade nicht gut geht, vertraue dir selbst!
Besser zu früh Anwält*in wechseln!
Besser zu oft Anwält*in wechseln!

8.

Suche dir Unterstützung.

7. Suche dir Menschen die dich unterstützen: Beratungsstellen, die dir Anwält*innen vermitteln. Menschen die dir Rat geben. Freund*innen, die zuhören, mit dir Verhandlungen vorbereiten & rechtliche Texte lesen & versuchen einzuordnen.
Melde dich gerne, wenn ich helfen kann 🧡

„Die meisten Menschen in meinem Umfeld waren erschüttert von den Ereignissen, aber wussten nicht, was sie tun können. Viele haben sich aufgrund der Überforderung von mir zurückgezogen und mich alleine gelassen.“ Viele hätten im Nachhinein so getan, als sei nie darüber gesprochen worden. „Ich wusste ja selbst nicht, was ich tun sollte, deswegen habe ich Verständnis dafür, wenn Menschen überfordert sind. Aber dieser stille Rückzug und die Ignoranz waren sehr verletzend.“

Trotzdem hätten viele Menschen, die sie vorher nicht kannte, sich ihr gegenüber sehr solidarisch gezeigt und sie durch den gesamten Prozess begleitet. „Ohne sie hätte ich das nicht durchgestanden. Das möchte ich gerne anderen Betroffenen weitergeben.“

9.

Sexuelle Belästigung ist Gewalt!

8. Zuletzt: Sexuelle Belästigung ist Gewalt. Jede*r reagiert anders darauf. Es kann jetzt, in Monaten, Jahren oder nie psychische, physische Symptome erzeugen. Höre darauf, was du brauchst. Pass auf dich auf. Egal, was passiert ist, es ist nie deine Schuld.

Die Twitter-Nutzerin sagt, sie habe es oft erlebt, dass Menschen nachbohren, was passiert ist, und Ratschläge geben, wie sich die betroffene Person während der Übergriffe besser verhalte hätte. „Leider überwiegt die persönliche Neugier sehr oft die Rücksicht gegenüber Betroffenen.“ Die Gespräche mit dem Frauennotruf hätten ihr jedoch sehr dabei geholfen, Ereignisse besser einzuordnen und zu verarbeiten.

„Sexuelle Belästigung zu erleben, ist schon schwer genug. Beschwerdeverfahren sollten nicht zusätzlich so belastend für Betroffene sein.“ Sie hofft, andere mit ihren Erfahrungen besser auf das vorzubereiten, was im Falle rechtlicher Schritte passieren kann.

„Als Gesellschaft haben wir eine Verantwortung darüber zu sprechen, was sexualisierte Gewalt ermöglicht, wie wir Übergriffe verhindern können und wie wir als Gesellschaft und strukturell eigentlich mit Betroffenen umgehen“, so @NixSuruek.


Buena Vista

Beim Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V. finden betroffene Frauen verschiedene Hilfsangebote.

Außerdem ist das Hilfetelefon rund um die Uhr unter der kostenlosen Telefonnummer 08000 116 016 zu erreichen (bei Bedarf mit Dolmetscherin).

Saba MBoundza ist Senior Publishing Strategist bei BuzzFeed und lebt in Berlin.

Contact Saba MBoundza at saba.mboundza@buzzfeed.com.

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Post Author: martin

Martin is an enthusiastic programmer, a webdeveloper and a young entrepreneur. He is intereted into computers for a long time. In the age of 10 he has programmed his first website and since then he has been working on web technologies until now. He is the Founder and Editor-in-Chief of BriefNews.eu and PCHealthBoost.info Online Magazines. His colleagues appreciate him as a passionate workhorse, a fan of new technologies, an eternal optimist and a dreamer, but especially the soul of the team for whom he can do anything in the world.

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