Wir haben mit einer jungen Frau gesprochen, die eine zeitlang in einem Berliner Stripclub getanzt hat. Sie hat mit uns über die Herausforderungen des Strippens gesprochen und erklärt was genau ihr an dem Job so gut gefällt.
1. Strippen muss dir Spaß machen
Schon immer hat mir das Spiel mit den Reizen und der Sexualität gefallen. Als ich zwölf Jahre alt war, wollte ich Burlesque-Tänzerin werden, was ja auch sehr erotisch ist. Davor hatte ich im Alter von drei Jahren mit Ballett angefangen; später kamen Jazz und Hip Hop dazu, dann Standard- und lateinamerikanische Tänze sowie Bauchtanz dazu. Mein ganzes Leben lang habe ich getanzt. Ich war immer in Kontakt mit meinem Körper und habe mich beim Tanzen im Spiegel beobachtet. Das schafft einerseits Selbstbewusstsein und andererseits kann ich mich dadurch sehr gut bewegen. Ich habe eine Ausbildung als Musicaldarstellerin, aber das ist, denke ich, die Ausnahme. Bisher bin ich noch keiner anderen Stripperin begegnet, die ebenfalls eine Tanzausbildung hat.
Nicht lange nachdem ich mit dem Strippen angefangen habe, kam ich mit meinem Freund zusammen. Ich habe dann bald aufgehört. Zum einen fand er das natürlich nicht toll, zum anderen hatte ich immer das Gefühl, fremdzugehen. Mir hat das Strippen irgendwann keinen Spaß mehr gemacht. Und wenn du das ausstrahlst, verdienst du auch kein Geld. Viele andere können das Berufliche und das Private jedoch sehr gut trennen. Ich bin vielleicht einfach zu jung dafür. Meine Beziehung geht jedoch im Moment in die Brüche, also überlege ich im Ausland wieder mit dem Strippen anzufangen.
2. Stripperin wirst du durch Beziehungen – oder du fragst direktin einem Club
Ich hatte damals eine Frau kennengelernt, die nebenbei gestrippt hat. Das machen viele, die studieren oder in der Ausbildung sind. Sie hat mich ihrem Chef vorgestellt, der meinte, ich solle einfach mal vorbeikommen, um zur Probe zu arbeiten. Er hat sich angesehen, wie ich tanze und wie ich mich mache und dann war ich auch schon ruckzuck dabei. Dadurch, dass oft so eine hohe Mitarbeiterfluktuation besteht, findest du in Strip-clubs auch schnell was – so lange du einigermaßen gut aussiehst und einigermaßen tanzen kannst. Eigentlich musst du nicht so gut tanzen können, so lange du Brüste hast. Im Gegensatz zu dem, was Leute denken, beherrschen gar nicht so viele Mädels die Kunst des Pole Dancings.
3. Das Arbeitsverhältnis ist sehr flexibel
Ich war im Schnitt viermal die Woche da. Da habe ich etwa 1000 Euro wöchentlich verdient – bar auf die Hand. Bei uns waren ein paar Mädels angestellt, aber auch nur auf 600-Euro-Basis für die Versicherung. Allerdings haben sie mehr als das ausgezahlt bekommen. Andere Mädels wiederum arbeiten selbstständig. Jedoch glaube ich nicht, dass irgendeine von denen ihre tatsächlichen Einkünfte bei der Steuererklärung angibt.
4. Eine normale Arbeitsnacht startet so ab 22 Uhr
Unser Club öffnet um 22 Uhr und wir Mädels sind etwa eine halbe Stunde früher da. Wir schminken uns, ziehen uns um … jede rennt halbnackt durch die Gegend, weil ihr BH oder so in einer anderen Umkleide liegt. Gegen 22 Uhr oder 22.30 Uhr kommen die ersten Gäste. Da sitzen die Mädels noch am Rand und rauchen – alle rauchen. Ich war die einzige Nichtraucherin. Wenn’s dann irgendwann voller wird, gehen wir auf die Gäste zu, verwickeln sie in Gespräche, versuchen ihnen Lap Dances zu verkaufen oder mit ihnen was zu trinken und unterhalten uns einfach mit ihnen. Du wirst dann entweder abgewiesen oder machst was mit denen. Unter der Woche bin ich gegen 5 Uhr zu Hause und am Wochenende eine Stunde später. Meine Freundin jedoch ist zum Beispiel haupt-sächlich mit den Gästen aufs Zimmer gegangen und war manchmal erst gegen 8 Uhr morgens fertig.
5. Als Stripperin bist du oft nicht nur Tänzerin
Wegen meines Freundes war aufs Zimmer zu gehen für mich schnell ausgeschlossen. Davor habe ich das mit zwei oder drei Männern gemacht, die mir sympathisch waren. Die fand ich cool, deswegen hatte ich Lust darauf. Doch in der Regel machen Stripperinnen schon mehr. Ich würde sagen, 60 Prozent der Mädels würden regelmäßig auch mit Männern aufs Zimmer gehen, die ihnen nicht gefallen.
6. Gäste, die sich daneben benehmen, fliegen …
Bei uns im Club gab es unten in den Zimmern Hilfeknöpfe. Sobald jemand diesen Knopf gedrückt, erscheint Sekunden später Security-Personal. Oben müssen wir nur die Hand heben und auf jemanden zeigen, dann wird die Person rausgeschmissen. Ich würde sagen, dass auf uns Mädchen gut aufgepasst wird. Was wichtig ist, denn die Gäste begegnen dir zunächst zwar oberflächlich mit Respekt, doch mit fortgeschrittener Stunde und höherem Pegel, merkst du schon, wie dieser nachlässt. Dann werden wir nur noch als Stück Fleisch gesehen.
7. … jedoch kann es auch mal unangenehm werden
Ich habe noch nie jemanden geschlagen, aber ich wurde im Zimmer mal geschlagen. In solchen Fällen kommt natürlich auch die Polizei. Manche der Gäste können wirklich richtig krank sein. Das sind aber zum Glück definitiv Ausnahmefälle.
8. Es gibt im Club nicht wirklich jemanden, an den du dich mit Problemen wenden kannst
Wir könnten theoretisch jederzeit zum Chef gehen. Wir können ihm sagen, wenn irgend-wer etwas getan hat, sodass die Person dann Hausverbot bekommt. Von ihm kannst du jedoch keine psychologische Unterstützung erwarten. Es gibt bei uns im Club ein paar Mädels mit Drogen- oder Alkoholproblemen und die sind damit allein. Natürlich gibt es Hilfsangebote außerhalb – ich weiß allerdings nicht, wie sehr jene Frauen diese in Anspruch nehmen würden. Viele sind schon sehr kaputt und zu merken, wie krank man selbst ist, ist gar nicht so leicht.
9. Drogen sind im Alltag einer Stripperin immer präsent
Alkohol spielt auf jeden Fall eine große Rolle. Ich glaube, ich habe als Stripperin jeden Tag getrunken – allein schon, weil ich dafür bezahlt wurde. Du kriegst nämlich Anteile, wenn du vom Gast einen Drink ausgegeben bekommst. Das heißt, ich verdiene mein Geld daran. Und natürlich macht das den Abend auch schöner und leichter. Hinzu kommen andere Drogen. Mir wurde so gut wie jeden Tag von den Gästen irgendwas angeboten. Ich glaube, viele Stripperinnen nehmen Drogen, um auszublenden; damit du nicht mehr spürst, was dort unten passiert. Das klingt sehr nach Klischee, aber es führt eben eines zum anderen. Du bekommst viel Geld dafür, dass du unten aufs Zimmer gehst, für relativ wenig Arbeit. Doch gleichzeitig ist diese Arbeit schwierig, was durch die Drogen erleichtert wird. Irgendwann wirst du süchtig. Und dann gehst du aufs Zimmer für die Drogen. Das ist also kein Klischee, das von ungefähr kommt.
10. Auch wenn du gerne strippst, ist es nicht immer leicht darüber zu sprechen
Meine Eltern waren ganz cool. Ich war auch mit meinem Vater zusammen im Club und habe mir das mit ihm zusammen angeschaut. Da habe ich ihn gefragt: “Papa, was hältst du davon, wenn ich anfange, hier zu arbeiten?” Doch bei den meisten meiner Kolleginnen wissen die Eltern nichts vom Strippen oder sie wissen, wie in meinem Fall, nur davon und nichts von der Sache mit den Zimmern. Meine Eltern würden das nicht respektieren. Ich könnte ihnen das nicht mal auf meinem Sterbebett erzählen. Meine Freunde waren geteilter Meinung. Die, die mich schon länger kennen, waren nicht sehr überrascht, weil ich schon immer ein extrovertierter Mensch war. Manche hielten es allerdings vor allem für gefährlich oder billig.
11. Leute denken oft, du machst das gegen deinen Willen
Ich werde wirklich sehr oft gefragt, ob ich freiwillig hier bin oder gezwungen werde. Oder, ob meine Eltern wissen, was ich mache. Ich wurde auch oft gefragt, ob ich studiere. Wenn ich dann Nein gesagt habe, wurde mir entgegnet: “Warum denn nicht? Du bist doch viel besser als das. Du kannst viel mehr als nur das hier!” Dass ich das gerne machen möchte, Spaß daran habe und damit gutes Geld verdiene, ich extrem flexible Zeiten habe und mich gerne vor anderen ausziehe, das glaubt mir immer niemand. Dieser Job hat dieses schlechte Stigma, was ich irgendwie schade finde.
12. Du bestimmst, ob du mit aufs Zimmer gehst oder was dort passiert
Ich entscheide immer, was ich mitmache und was nicht. Was der Mann will, wird vorher besprochen. Denn davon hängt ja auch der Preis ab. In der Regel wollen die Kunden normalen Standardsex oder einen Blow Job. Sachen wie Analverkehr oder so kommen eher selten vor. Das wurde ich zwei- oder dreimal gefragt, aber das gehört zu den Dingen, die ich nicht tue. In der Regel ist es so, dass Küssen nicht erlaubt ist. Jedoch hatte eine Freundin von mir zum Beispiel einen Stammgast, der etwa zweimal die Woche kam. Die beiden haben sich öfter gesehen als so manche Leute in Fernbeziehungen. Sie haben sich dann in ein Separee zurückgezogen, um was zu trinken und haben sich dort auch geküsst.
Männer gehen auch nur in den Stripclub, um Zuneigung zu erfahren, ob körperliche Liebe oder die Aufmerksamkeit einer weiblichen Person – und je mehr du mitmachst, desto mehr Geld bekommst du. Da gibt es dann eben Frauen, die sagen: “Na gut, egal, dann küsse ich ihn halt und bekomme meine zwei bis drei Getränke mehr.” Und manche sagen: “Nein, küssen auf gar keinen Fall. Das bleibt für mich privat.”
13. Über Vorgaben wie das Prostitutionsschutzgesetz wird so gut wie nicht gesprochen
Mir wurde zu Beginn gesagt, dass ich dort selbstständig arbeite und mich anmelden muss, falls im Club mal eine Razzia stattfinden sollte – was gefühlt einmal alle fünf Jahre passiert. Bei uns war es immer so, dass dadurch, dass nicht jede Frau alles macht, auch keine irgendwo melden musste, dass sie sich prostituiert. Sollte die Polizei also tatsächlich kommen, würden wir uns nur als Tänzerinnen ausgeben. Ich habe aber zum Beispiel eine Frau kennengelernt, die als Escortdame gearbeitet hat, bis sie sich als Prostituierte hätte anmelden müssen. Sie kam dann eben zu uns in den Club und ist offiziell nur Tänzerin, obwohl sie mehr macht.
14. Stripperinnen können auch während ihrer Tage arbeiten
Ich habe die Spirale, darum bekomme ich meine Tage gar nicht mehr. Wenn die Regel besonders stark ausfällt, bleiben die meisten eher zu Hause. Viele führen sich einen Tampon ein und tanzen während ihrer Regel nur, statt auch aufs Zimmer zu gehen. Manche führen sich aber vorm Sex so etwas wie kleine Wattebäusche ein, sodass der Mann nichts spürt. Das hält dann die 20 bis 30 Minuten, die man mit dem Gast unten ist.
15. Du bist nicht lange Stripperin
Die älteste Tänzerin bei uns im Club war zwischen 38 und 40 Jahre alt. Die macht das auch schon Ewigkeiten. Sie hat immer davon geredet, wie viel mehr Geld vor 15- 20 Jahren verdient wurde. Es gab auch noch eine 35-Jährige. Und dann kamen Mädels, die so 28 oder 29 Jahre alt waren. Ich würde sagen, in der Regel machen Mädels das in ihrer Studienzeit oder ihrer Ausbildung, so maximal vier bis fünf Jahre. Manche hatten auch hauptberuflich einen anderen Job. Doch mit 30 stecken Frauen meistens in einer Beziehung und haben Kinder und da hörst du in der Regel auf.
16. Für die richtige Person ist der Job durchaus zu empfehlen
Wenn du über dich selbst sagen kannst, dass du stark und selbstbewusst bist und dich in deinem Körper wohlfühlst, sowie dich nicht von anderen Leuten beeinflussen lässt, dann würde ich den Job durchaus empfehlen. Ich habe Ende 18 angefangen, was schon echt jung ist. Ich würde es den Mädels erst ab 20 empfehlen. Außerdem würde ich dazu raten, nicht zu viel zu arbeiten. Das kann dir schnell über den Kopf wachsen, allein schon das viele Geld. Du musst dabei schon aufpassen, dass du nicht den Sinn für die Realität verlierst.
17. Jeder Tag im Strip Club kann schön sein – doch brauchst du ein dickes Fell
Die Bestätigung ist enorm. Du bekommst konstant gesagt, wie gut du aussiehst, wie toll du tanzt und wie schön dein Körper ist. Manche verlieben sich auch in die Tänzerinnen und kommen dann besonders oft.
Du kommst schon in Kontakt mit ziemlich vielen komischen Gestalten und brauchst ein unglaublich hohes Selbstbewusstsein. Denn selbst wenn du viel Bestätigung bekommst, erfährst du auch Abweisung. Alles wird auf den Körper reduziert. Wenn jemand auf große Dunkelhaarige steht und nicht auf große Blonde, bist du raus. Das liegt dann nicht an dir oder deiner Persönlichkeit, sondern am Mann. Doch das musst du erstmal verstehen.
Ich würde gern das schlechte Image des Jobs ändern, denn immerhin macht er den Mädels Spaß. Zudem würde ich es besser finden, wenn du nicht jeden Tag mit harten Drogen konfrontiert werden würdest, also einfach nicht so im direkten Kontakt dazu stündest.